Preis 2019

Oase der letzten Hoffnung!

Horizonterweiterung. Zum ersten Mal unterstützt die Sepp Blatter Foundation
ein Projekt ausserhalb der Walliser Kantonsgrenzen und spricht den jährlichen
Unterstützungspreis von 25‘000 Franken an die Chasa Flurina im
bündnerischen Lavin, einem Wohnheim für Menschen mit Autismus.


„Damit hätten wir nicht gerechnet“, sagte Ueli Hintermann, der Gesamtleiter
der pädagogisch-sozialtherapeutischen Hausgemeinschaft im Unterengadin. Es
sei eine enorme Genugtuung, dass ihre Arbeit eine derart grosse
Wertschätzung erhalte, so Hitermann: „Und ausserdem war ich früher ein
ambitionierter Fussballer und wollte Sepp Blatter schon immer einmal
kennenlernen“, fügte er lächelnd an.


In berührenden Worten erzählte Hintermann aus dem Innenleben der Chasa
Flurina: „Zu uns kommen Menschen, die jahrelang sehr viel durchgemacht
haben und traumatisiert sind; die eingesperrte, angebunden, isoliert oder mit
Medikamenten ruhiggestellt wurden.“ Hintermann verfolgt mit seinen fünf
Mitarbeitern einen ganz anderen Ansatz in der Betreuung von Menschen mit
„Autismus-Spektrum-Störungen“: „Lebenlernen ist unsere Therapie – und diese
kann nur umgesetzt werden, wenn man ein Vertrauensverhältnis schafft und
den Menschen Eigenverantwortung überträgt.“ Medikamentöse
Therapiemethoden gibt es in der Chasa Flurina nicht.


Umso mehr Geduld und Einfühlungsvermögen sind gefordert: „Am Anfang
verfügen unsere Bewohner oft weder über einen Tagnacht-Rhythmus noch
eine Lebensstruktur“. Alltägliche Dinge wie essen, schlafen oder die
kontrollierte Stuhlentleerung seien ihnen unmöglich. Hintermann sprach seine
Worte mit viel Empathie und Tiefgang, gleichzeitig schloss er zu hohe
Erwartungen aus: „Wer zu uns kommt, hat keine Chance je wieder ein
normales Leben zu führen.“


Gerade deshalb ist die Chasa Flurina, in der momentan sieben Personen leben,
so wichtig. Eveline Bachmann, deren 21-jährigem Sohn Michel an
frühkindlichem Autismus leidet und vor drei Jahren in Lavin eine neue Heimat
gefunden hat, sagt: „Hier kann Michel unter menschenwürdigen Bedingungen
und ohne medikamentöse Behandlung leben.“ In ihrem bewegenden Buch
„Unser Michel“ schreibt sie, dass es den „kompetenten Betreuungspersonen
mit beachtenswerten Fähigkeiten gelungen ist, ihren leicht erregbaren Sohn
ohne Abgabe von Psychopharmaka zu beruhigen und sein Vertrauen zu
gewinnen.“

Stifter Sepp Blatter zeigte sich sichtlich berührt ob den Schilderungen und
nannte einen einfachen Grund, weshalb der Unterstützungsbeitrag 2019 ins
Engadin geht: „Wir wollen Menschen helfen, die Menschen helfen“. Dass dabei
erstmals eine Institution ausserhalb des Wallis zum Zug kommt, ist für
Stiftungsratspräsident, den Visper Gemeindepräsidenten Niklaus Furger, auch
im Sinn des geöffneten Stiftungsgedankens: „Wir wollen uns noch verstärkter
in soziale und gesellschaftliche Projekte einbringen. Und mit der Chasa Flurina
haben wir eine Einrichtung gefunden, die für die Gesellschaft von grosser
Relevanz ist – selbst wenn sie von der Öffentlichkeit nicht in gebührendem
Masse wahrgenommen wird.“


Im Visper Gemeindesaal waren alle Zuhörer (darunter auch Burgermeister
Georges Schmid) tief beeindruckt. Das Verständnis, dass die Gesundheit das
wichtigste Gut und keineswegs selbstverständlich ist, war allgegenwärtig. Die
gefühlvollen musikalischen Klänge zum rührenden Thema lieferte die
renommierte russische Organistin Alina Nikitina. Am Ende eines
stimmungsvollen Anlasses dominierten Respekt und Bewunderung für die
Arbeit, die von Ueli Hintermann und seiner Equipe in Lavin geleistet wird. Und
Sepp Blatter sprach aus, was alle dachten: „Der Preis geht in diesem Jahr an
den exakt richtigen Ort“.

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